Vor allem seit der Finanzkrise ’07/’08 wird im medialen Mainstream wieder mit Leichtigkeit über die angebliche Krise des Kapitalismus fabuliert.
Nicht zuletzt auch aufgrund der andauernden Erosion westlicher Staatshaushalte muss „der Kapitalismus“ als scheinbarer Systemfehler und angeblicher Verursacher für kreative Plakat-Slogans empörter Demonstranten und Erklärungsversuche selbst-ernannter Experten in abendlichen Talk-Runden herhalten.
Nicht wenige Kommentatoren malen Schreckens-gespenster á la Finanz-, Turbo-, Kasino- oder gar Raubtier-Kapitalismus an die Wand und schließen daraus, dass dieses „Monster“ gebändigt, ja zumindest reguliert und teil-verstaatlicht werden müsse.
Es ist eine insgesamt sehr emotional geführte Debatte, in der jene Art des gesellschaftlichen Zusammenlebens, die erstmals vollständig und umfassend von den klassisch-liberalen Ökonomen und Moralphilosophen im 18. und 19. Jahrhundert formuliert und unter anderem von den Vertretern der Österreichischen Schule der Nationalökonomie im 20. Jahrhundert fundiert und konsequent weitergedacht wurde, andauernd mit den Etiketten Antisozialität, Korruption, Egoismus bzw. Zerstörung der Gemeinschaft, Verantwortungslosigkeit, Betrug, Machtstreben, Umweltverschmutzung, Ausbeutung von Mensch und Natur, etc. versehen wird.
Diese Attribute entsprechen zwar zweifellos dem herrschenden Zeitgeist vornehmlich westlich geprägter Kulturen, haben ihre Ursachen, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, nicht mal im Entferntesten in den Strukturen einer kapitalistischen Gesellschaftsform.
Zu allererst ist natürlich zu klären, was genau man nun unter „Kapitalismus“ verstehen möchte – schließlich gibt es keine eindeutige oder letztgültige Definition. Seitens der Kritiker gälte es zu differenzieren, denn es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Auffassungen auf Basis diverser ökonomischer Schulen. Sprechen die Kritiker nun vom klassischen oder neoklassischen Liberalismus (und falls ja, von welchem seiner unterschiedlichen Denkschulen und Vertreter), vom Ordoliberalismus, vom Manchesterliberalismus, vom Thatcherismus, vom Laissez-faire-Liberalismus, vom Libertarismus, vom Anarchokapitalismus, von einem Kapitalismus nach dem Modell einer der drei historischen Schulen oder kritisieren sie die Auffassungen der Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie?
Diese Differenzierungen, sowie konkrete und sachliche Argumente gegen die Postulate der kapitalistischen Theorien/Schulen sind absolute Mangelware in den Anklagen der Kapitalismuskritiker.
Pauschal gesprochen werden einzig einige Sozialisten unter den Kritikern etwas konkreter und prangern gebetsmühlenartig das Eigentum der Unternehmer an den Produktionsmitteln an und stellen das Recht des Privateigentums generell in Frage. Dies sind allerdings keine Argumente, die gegen das Wesen des Kapitalismus angeführt werden, sondern – im Gegenteil – persönliche Meinung und Werbung für etatistische, also sozialistische Gesellschaftsformen, worauf im Weiteren nicht näher einzugehen ist.
Hätte man nur ein Wort zur Definition des Begriffs Kapitalismus, man würde wohl das Wort Marktwirtschaft (also Tausch und Handel auf Basis der freiwilligen Übereinkunft freier Individuen –> Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit) wählen.
Denn trotz der Unterschiede der voran genannten ökonomischen Theorien, das zentrale Element ist immer das Prinzip der Marktwirtschaft – mal mehr, mal weniger. Ebenso gilt die Anerkennung von Eigentum als universelles Recht (vor allem Eigentum am eigenen Körper, aus dem sich die entsprechenden und weitreichenden moralphilosophischen Freiheitsideale ableiten lassen).