Hermann Ploppa 04.06.2008
Schon lange ist der begabte Jungpolitiker Cem Özdemir als „Global Leader of Tomorrow“ ausersehen
Werbewirksam bringen die Mainstream-Medien den immer noch jungen Grünen-Politiker
Cem Özdemir in die Debatte über die Nachfolge des bisherigen Vorsitzenden von Bündnis90/Grüne, Rainer Bütikofer, ein. Zweifelsohne wäre Özdemir eine optimale Option für die Spitze der nach Verjüngung strebenden ehemaligen Ökopartei. Es ist sicher zu begrüßen, wenn mit Özdemir ein Vertreter der türkischstämmigen Mitbürger an die Spitze einer deutschen Partei tritt. Der jugendlich-dynamische Schwabe Özdemir („Nein, ich werde nicht so weit gehen, mich in ‚Özdemeier‘ einzudeutschen“ – so gescherzt bei Biolek) ist redegewandt, humortauglich und vermittlungsfähig wie kaum ein anderer deutscher Parlamentarier. Er kommt viel herum in der Welt, und nicht zuletzt seine Sozialisation in zwei Kulturen hat ihm ein weltgewandtes Auftreten beigebracht. Was wird dagegen ein Berliner Lokalgrüner wie Volker Ratzmann ausrichten können? Sein Aus als möglicher Bundesvorsitzender ist schon jetzt besiegelt.
Denn Özdemir hat mächtige Förderer in Kreisen der Wirtschaft und Medien. Bereits 2002 wählte ihn das World Economic Forum zum „Global Leader of Tomorrow“. Wenn Özdemir kein grober Schnitzer unterläuft, wird er bald mühelos in die großen Schuhe schlüpfen können, die man ihm schon lange zurechtgenäht hat.
Doch die Schnitzer hat Özdemir bereits hinter sich gebracht. Im Jahre 2002 veranlasste ihn eine vergleichsweise läppische Affäre um Flugbenzin und Beziehungen zu einem Unternehmensberater, auf sein Bundestagsmandat für die Grünen zu verzichten (
Romeo und Julia auf schwäbisch). Schon damals jammerte die für ihre transatlantische Orientierung bekannte
ZEIT über die öffentliche Verbrennung einer vielversprechenden Nachwuchsbegabung.
Doch Özdemir jammerte nicht. Er nahm eine Auszeit in den Vereinigten Staaten von Amerika. Als Transatlantic Fellow des vom deutschen Steuerzahler finanzierten
German Marshall Fund of the United States bekam er im Land der unbegrenzten Möglichkeiten den letzten Schliff als Profipolitiker und Anwalt US-amerikanischer Interessen für Europa.
Wieder zurück in Europa, fand Özdemir herzliche Aufnahme im proamerikanischen Honoratiorenklub
Atlantikbrücke, dem alle prägenden Perönlichkeiten aus Politik, Medien, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur angehören. Özdemir als „Young Leader“ neben alten Hasen wie Bild-Chef Kai Diekmann, Altbundeskanzler Helmut Kohl, Helmut Schmidt, Airbus-Chef Thomas Enders – um nur ein paar erlauchte Namen dieser halbgeheimen Nobelrunde zu nennen.
Özdemir ist derart eingebunden in industriefreundliche Netzwerke, dass ihm vermutlich nicht mehr viel Zeit bleibt, sich mit dem gewöhnlichen Volk zu beschäftigen. Seine Mitgliedschaft ziert: den Auswahl-Ausschuss der Robert-Bosch-Stiftung, wo talentierte Kinder mit Migrationshintergrund mit Preisen bedacht werden; in der Jury der Körber-Stiftung betreut Özdemir einen Transatlantischen Ideenwettbewerb „USABLE“. Zudem ist der Jungpolitiker Mitglied in der Südosteuropa-Gesellschaft, bei Euronatur e.V., sowie im griechischen Simi-Symposium, das von dem ehemaligen Außenminister George Papandreou geleitet wird. Schließlich ist Özdemir noch im Beirat des Deutsch-Türkischen Forums in Stuttgart und in der Theodor-Heuss-Stiftung.
Doch Cem Özdemirs wichtigstes Pfund ist zur Zeit seine
Mitgliedschaft für die Grünen im Europa-Parlament. Dort sitzt er im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten. In dem befristet eingerichteten „Ausschuss zur behaupteten Nutzung europäischer Staaten durch die CIA für die Beförderung und das rechtswidrige Festhalten von Gefangenen“ hatte er den stellvertretenden Vorsitz inne. Die Entführung unschuldiger europäischer Zivilisten durch US-amerikanische Geheimdienstler scheint mittlerweile erfolgreich im chaotischen Strudel der Medienaktualitäten versunken zu sein – was allerdings nicht Özdemir anzulasten ist.
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